Der freie Wille ist non-dual

Mache Themen sind scheinbar Widersprüchlich. Der fehlende freie Wille ist so ein Thema welches so manchem Suchenden Kopfzerbrechen bereitet...

 

Das wird irgendwie immer klarer - dass hier absolut kein Platz sein kann für so etwas wie einen freien Willen. "Ich" kann es doch eh nicht ändern. Da ist doch nicht die leiseste Möglichkeit einer Wahl. 

 

Und diesen Punkt verstehe ich Ramana nicht, denn der spricht an mehreren Stellen auch von der Wahl, etwas zu tun. 

 

Und wenn es also heißt: Das Suchen ist das Problem, oder: "Hör auf zu suchen": Tja, wer könnte denn daran wirklich etwas ändern. Suchen geschieht oder geschieht auch nicht. 

 

 

Das scheint im ersten Moment durchaus ein Widerspruch zu sein. Die Erkenntnis, dass es einen freien Willen nicht geben kann - und gleichzeitig die Aufforderung aller spiritueller Lehrer, sei es Ramana oder Buddha - etwas zu tun. Selbst die Anweisung “Es gibt nichts zu tun” - ist eine Aufforderung. 

 

Wieso gibt es keinen freien Willen? Weil ein freier Wille einem freien Selbst gehören müsste. Was also wäre so ein freies Selbst? Ein freies Selbst wäre ein Selbst welches vollkommen unabhängig aus sich selbst heraus existiert. 

Das bedeutet, dass so ein Selbst aus nichts zusammengesetzt wäre, nicht entstanden ist und daher auch nicht vergehen kann. Dass es von nichts anderem jemals betroffen sein könnte und auch keiner Veränderung oder Vergänglichkeit

unterworfen wäre. 

 

Selbst wenn es so ein absolutes Selbst gäbe - so definieren wir aber Wille auf jeden Fall als Entscheidung und damit als Bewegung in der Welt. Wir sprechen hier auch nicht von den Auswirkungen eines Willens sondern von dem Willen an sich. Dem Entscheidungs-Willen selbst.

 

Wo wäre dann aber das Bindeglied zwischen einem absoluten Selbst welches wie oben beschrieben offensichtlich außerhalb der Zeit sein müsste - und dem Willen, welcher offensichtlich innerhalb der Zeit sein muss…

 

So ein Bindeglied kann es nicht geben. Zum einen, weil die beiden relativ gesehen unvereinbar voneinander getrennt sind - und gleichzeitig und paradoxerweise weil es absolut gesehen zwischen den beiden überhaupt keinen Unterschied gibt.

 

Und genau darin liegt aber auch die Lösung der Frage. Das Absolute ist das Relative. Samsara ist Nirvana. DAS ist Zeit und Raum, Welt, Illusion, Täuschung. DAS ist “das”. Es gibt keine Trennung und keine Einheit. Es ist Non-Dual!

 

Wenn Ramana Maharshi also auffordert, dass ein Jemand seinen Willen nutzt um Selbst-Erforschung zu betreiben, so tut er das in dem Verstehen der Identität des Absoluten mit dem Relativen. Der freie Wille existiert am Ende also doch. Er existiert so wie eine Fata Morgana existiert. Er erscheint und wirkt - ist aber gleichzeitig vollkommen leer von irgendeiner unabhängigen Substanz und Realität.

 

Und so ist das aber mit allem in der Welt. Denn alles was innerhalb von Zeit und Raum erscheint, ist vollkommen leer. Freier Wille, ein Selbst, Steine, Berge, Wolken, Vögel. Alles vollkommen leer. Denn nur weil alles vollkommen leer ist, von eigenständiger Substanz, kann alles sein. Kann alles in der Zeit fließen. Sich verändern. Erscheinen.

 

Nur deshalb kann es Geburt und Tod geben. Nur deshalb kann es Gebundenheit und Erwachen geben. Nur weil alles so wunderbar leer ist...

 

Deshalb kann Ramana das Spiel der Welt - den Fluss des erscheinenden So-Seins zulassen und genießen. Er muss nichts einen Widerstand entgegensetzen. Wozu denn auch. Denn zu welchem absoluten Ziel sollte oder könnte er die relativen Erscheinungen denn führen wollen?

 

Eine Täuschung ist nur eine Täuschung. Sie hat nie existiert. Daher gibt es auch keinen Grund etwas daran zu ändern. In der Tiefe ist alles immerzu vollkommen.

 

Weil also Ramana die Welt, den Suchenden und sich selbst ebenso sieht, spielt er diese göttliche Komödie reibungslos mit. Wenn ein Suchender kommt und Aufwachen möchte, so gibt er ihm Anweisungen. Und das funktioniert ja auch. So wie Brot den Hunger stillt und Wasser den Durst, führt Selbst-Erforschung zum Erwachen. Ramana erfüllt einfach, was die Geschichte verlangt. 

 

Während der Suchende glaubt, dass die Erleuchtung eine Erlösung von hier nach dort bedeutet, weiß Ramana - dass all das immer nur innerhalb der Erscheinung geschieht - und weil aber das Relative und das Absolute identisch sind - ist alles ganz wunderbar…